Sie sollen den Rücken kräftigen, eine gerade Sitzhaltung fördern und die Bandscheiben entlasten. Einige preisen den Sitzball sogar als vollwertige Alternative zum Bürostuhl an und empfehlen ein dauerhaftes Sitzen auf dem Ball. Doch kann der Sitzball das wirklich leisten? Ist er wirklich eine gesunde Alternative zum klassischen Bürostuhl?
Wie der Sitzball das Bürostuhlsitzen ausgleichen soll
Das Problem bei den meisten Bürostühlen ist die starre Sitzhaltung. Der Körper bleibt oft über viele Stunden hinweg in der gleichen Position, was sehr ermüdend wirkt. Der Ball soll dieser starren Haltung entgegenwirken, denn der Körper ist durch die leichten Bewegungen des Balls gezwungen, das Gleichgewicht zu halten und muss daher immer leicht seine Position verändern. Das wiederum soll die Rückenmuskulatur auf Trab bringen und gleichzeitig die Wirbelsäule gerade halten.
Einschätzung der gesetzlichen Unfallversicherung zum Sitzball
Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) hat sich in der Informationsschrift „Gesundheit im Büro – Fragen und Antworten“ u.a. auch zum Sitzball und seiner Nutzung als Alternative zum Bürostuhl geäußert. Um das zu beurteilen, wird der Ball hinsichtlich ergonomischer, arbeitsmedizinischer und sicherheitstechnischer Aspekte von der VBG unter die Lupe genommen:
Arbeitsmedizinisch:
Der Ball bietet den Vorteil, dass Sie sich immer wieder leicht bewegen müssen, um das Gleichgewicht zu halten, was die Wirbelsäulenmuskulatur stärkt und Verspannungen verhindert. Aber: Über einen längeren Zeitraum, also mehrere Stunden, hat dieser Effekt negative Auswirkungen, denn die ständigen Muskelbewegungen ermüden den Rücken, sodass es zur typischen Rundrückenhaltung kommt – eine besonders anstrengende Position für die Bandscheiben.
Das Material des Sitzballs ist für die hygienischen Sitzansprüche im Büro nicht geeignet, denn durch den Kunststoff wird sowohl das Schwitzen als auch das Kälteempfinden verstärkt.
Sicherheitstechnisch:
Der Ball steht nicht fest wie ein Bürostuhl und kann sich beim Aufstehen sowie beim Hinsetzen viel leichter vom Schreibtisch wegbewegen als ein Bürostuhl. Das birgt natürlich viel höhere Unfallgefahren. Außerdem besitzt der Ball keine Möglichkeit, sich anzulehnen oder aufzustützen und kann daher auch beim Sitzen leicht wegrollen.
Ergonomisch:
Zu den wichtigsten Anforderungen an den Sitz für eine Schreibtischarbeit gehört die Verstellbarkeit, um den Stuhl an den Schreibtisch bzw. die sitzende Person anzupassen. Auch die Standsicherheit und Stabilität müssen gewährleistet sein. Das kann ein Sitzball nicht leisten.
Gut als Trainingsgerät, schlecht als dauerhafter Sitz
Diese Betrachtungen der VBG zeigen, dass der Sitzball als Trainingsball für die Stärkung der Muskulatur durchaus geeignet ist, aber auf keinen Fall als Alternative zum Bürostuhl. Wer den Ball dauerhaft für die Schreibtischarbeit nutzt, riskiert sogar bleibende Schäden an den Muskeln. Das heißt aber nicht, dass der Ball grundsätzlich schlecht zum Sitzen am Arbeitsplatz ist, nur die Dauer müssen Sie beachten: Sie sollten nicht länger als 30 Minuten am Stück auf dem Ball sitzend arbeiten.
Wer also den Ball in Form eines kurzen „Sitzintermezzo“ als Alternative zum Bürostuhl nutzen möchte, kann das in Hinblick auf die maximale Nutzungsdauer tun. Genauso gut können Sie aber Ihren Rücken durch regelmäßige Sitzveränderung (hier sind vor allem Stühle mit Synchronmechanik sehr gut geeignet), zwischenzeitliches Arbeiten im Stehen oder Laufen (Wege zur Kaffeemaschine, zum Drucker, in der Pause usw.) entlasten. Der Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen ist eben immer noch die „beste Medizin“ für den typischen Bürorücken.