Zu viel Sitzen führt zu einer geringeren Lebenserwartung. Das ist die Grundaussage vieler Studien zu den Auswirkungen von vorwiegend sitzenden Arbeitstätigkeiten. Die aktuellen Ergebnisse einer über 16 Jahre lang andauernden Studie zeigen jedoch ein etwas anderes Bild.
Bewegungsverhalten von mehr als 5.000 Angestellten
Lange Zeit deuteten Studien darauf hin, dass lang andauernde sitzende Tätigkeiten das Risiko zahlreicher Krankheiten erhöhen würden. Die Forscher nannten z.B. einige Krebsformen, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sowie Diabetes als Folge von zu langem Sitzen. Selbst sportliche Betätigungen vor oder nach der Arbeitszeit hätten den Forschern zufolge keine positiven Auswirkungen und würden nicht als Ausgleich reichen.
Diesen Aussagen widerspricht eine Langzeitstudie der University of Exeter. Darin wurde über 16 Jahre hinweg der Gesundheitszustands von über 5.000 Verwaltungsangestellten in London beobachtet. Bei den Untersuchungen wurden sowohl die Zeiten ausgewertet, die die Teilnehmer im Sitzen verbrachten (im Büro genauso wie im Auto oder in der Freizeit), als auch die Zeiten, in denen sie sich bewegten.
Das Ergebnis: Es konnten keine konkreten Verbindungen zwischen einer sitzenden Tätigkeit und einem erhöhten Risiko für die Gesundheit festgestellt werden. Interessanterweise bewegten sich die Angestellten im Schnitt sogar rund 43 Minuten länger am Tag als der Durchschnittsbrite. Der Mediziner Dr. Hillsdon, einer der Verantwortlichen der Studie, betonte, dass nicht allein ein Steharbeitsplatz, sondern alle ruhenden Positionen der Gesundheit schaden könnten, weil sie mit einem deutlich geringeren Energieverbrauch und einer einseitigen Körperhaltung verbunden sind. Dazu gehört eben auch das Stehen.
Das Aus für den Hype um einen Steharbeitsplatz?
Studien, die bisher auf die negativen Folgen von langem Sitzen hingewiesen hatten, führten dazu, dass viele Arbeitgeber dazu übergingen, einen Steharbeitsplatz einzurichten. Teilweise gab es sogar einen regelrechten Hype um Steharbeitsplätze und nicht immer wurden diese im Sinne einer ergonomischen Arbeitshaltung eingerichtet.
Die britische Studie bedeutet aber nicht, dass das Stehen am Arbeitsplatz einfach wieder „abgeschafft“ werden kann, denn sie macht keinerlei Aussagen darüber, wie sich die Steharbeitsplätze auf die Gesundheit auswirken. Sie zeigt im Grunde genommen nur, dass es wichtig ist, lange ruhende Körperhaltungen mit Zwischenbewegungen zu unterbrechen. Kleine Pausen einlegen und dabei die Zeit zum Laufen nutzen, öfter mal zwischen Stehen und Sitzen wechseln – alle Möglichkeiten, die zu einer Änderung der Körperhaltung und des Bewegungsapparates führen, sollten Arbeitnehmer nutzen. Ganz davon abgesehen wirken sich natürlich auch die Faktoren Sport, Ernährung und Körpergewicht aus.